Zu Haus bleiben, Kontakte möglichst auf Personen beschränken, mit denen man in einem Haushalt lebt, Abstand halten. Auch Menschen, die mit Demenz leben, müssen aufgrund des Corona-Virus in die Isolation. Das belastet die Betroffenen selber ebenso wie die Angehörigen.

Menschen mit Demenz leben in einer Gefühls-Welt. Sie spüren die Angst und Verunsicherung, die in der Corona-Krise allgemein herrscht. Sie nehmen dieses Gefühl der Angst und Verunsicherung auf, werden selbst unsicherer, unruhiger, agitierter, verwirrter. 

Das wiederum stresst Angehörige, die für sie sorgen. Besonders, wenn man in einem gemeinsamen Haushalt lebt - eine Spirale von Verunsicherung, Verwirrung, Stress und weiterer Verunsicherung.

Viele Angehörige fragen sich: Wie kann diese Spirale unterbrochen werden? Wie erkläre ich meinem Angehörigen mit Demenz, was gerade los ist? Wie kann ich ihn oder sie beruhigen?

Weihnachten feiern mit Menschen mit Demenz in Zeiten der Pandemie

Während viele von uns sich nach Normalität sehnen und doch die neuen Bedingungen einsehen, können Menschen mit Demenz vielleicht nicht verstehen, warum es rund um den Baum heuer so anders zugeht. Auch Erklärungen werden vielleicht bald wieder vergessen, wenn die alten Rituale greifen.

Diese Hilfestellungen unterstützen Angehörige in der Planung der Feiertage:

  • Dieses neue Infoblatt möchte Menschen, die betreuen und pflegen, zu den Feiertagen Hilfestellung geben. Er soll unterstützen, eine gute Balance zu finden. Der Text gibt keine konkreten Empfehlungen, sondern vor allem Anregungen und praktische Tipps.
  • Diese Onlinesammlung zum Thema „Weihnachten feiern mit Menschen mit Demenz allgemein“ stellt das Kardinal König Haus mit vielen Materialien zur Verfügung

Häufige Fragen zum Coronavirus und Demenz - ein Ratgeber für Angehörige

Diese Hilfestellungen unterstützen Angehörige und Betroffene während der Corona-Krise:

Für viele Menschen ist es wichtig, sich in neuen, verunsichernden Situation zu informieren und die Informationen im Gespräch mit anderen zu verarbeiten. Niemand hat eine Situation wie diese Corona-Krise je erlebt. Vielen hilft es, mit anderen darüber zu sprechen und das, was man in Medien gelesen oder gehört hat, zu wiederholen und zu diskutieren. Damit die Information sickern kann. Damit wir verstehen, was los ist.

Für Menschen mit Demenz funktioniert genau das oft nicht. Angehörige berichten, dass sie Menschen mit Demenz immer und immer wieder erklären müssen, warum das Corona Virus gefährlich für sie ist. Menschen mit Demenz hören die Erklärung und vergessen die Informationen wieder – was bleibt, ist das Gefühl der Unsicherheit und Angst. 

Menschen mit Demenz können gesprochene Sprache immer weniger verstehen. Sie können sich selber auch immer weniger mit Worten ausdrücken. Viele Worte verwirren sie. 

Die Sprache von Menschen mit Demenz ist die Sprache der Gefühle, die Sprache des Körpers, die Sprache der Rituale.

Die Antwort auf diese Frage wird nicht für alle gleich ausfallen. Sie ist – personenzentriert – für jede und jeden einzeln zu beantworten.

Wenn Menschen mit Demenz nachfragen, was denn da los sei – weil sie in den Nachrichten hören, dass Schulen geschlossen sind oder an geschlossenen Geschäften vorbeigehen – dann verdienen sie eine ehrliche Antwort. Menschen mit Demenz anzulügen, ist auch in der Corona-Krise nicht richtig. Und es gibt natürlich auch Menschen mit Demenz, die wissbegierig sind und Dinge noch gut einordnen können.

Für nicht wenige Menschen mit Demenz, ist aber wichtiger zu verstehen, was genau los ist, als zu verstehen: Ich bin nicht alleine. Ich bin sicher.

Versuchen Sie, Ihrem Angehörigen mit Demenz zu verstehen zu geben: Ich bin bei dir. Ich kümmere mich. Du bist nicht allein.

Ein Problem ist, dass wir dieses Da-Sein und diese Sicherheit Menschen mit Demenz oft durch Berührung zu verstehen geben. Berührung beruhigt. Aber Berührung ist in Zeiten von Corona schwierig.

Auch hier gilt: Es gibt keine einfache allgemeine Antwort. Abstand halten ist wichtig, aber nicht immer möglich. Besonders dann, wenn Menschen mit Demenz Unterstützung beim Anziehen, Gehen, Aufstehen brauchen. Es gilt abzuwägen: So wenig körperlichen Kontakt wie möglich, so viel Berührung wie nötig.

Es gibt auch andere Möglichkeiten, Nähe und Sicherheit zu vermitteln: gemeinsam etwas tun und Sicherheit durch Struktur.

Die Antwort auf die Frage, wie kann ich meinen Angehörigen mit Demenz beruhigen, lautet: so, wie immer.

Nehmen Sie die Gefühle und Bedürfnisse Ihres Angehörigen ernst und gehen Sie darauf ein!

Suchen Sie nach Möglichkeiten der Aktivität, vor allem, wenn gewohnte Aktivitäten (Besuche, Gasthaus, Tiergarten …) wegfallen. Überlegen Sie: Was mag mein Angehöriger gern? 

  • Mit den Händen was tun (stricken, basteln, …)
  • Gemeinsam etwas Gutes essen. Ein vertrauter Duft, der durch die Wohnung zieht.
  • Gemeinsam alte Filme schauen. Virtuelle Musen im Internet besuchen. Musik hören.
  • Spielen. Rätsel lösen.
  • Eine Vorlesestunde. Überlegen Sie bei der Vorlesestunde, ob Sie jetzt, da die Medien voll von Corona-Berichterstattung sind, nicht besser zu einem Buch greifen als zu Zeitungen.
  • Gemeinsam Singen. Gemeinsam Klänge erzeugen (Trommeln).
  • Gemeinsam beten. 
  • Fußbad mit besonders duftenden Badezusätzen 
  • Menschen mit Demenz, die gerne „nesteln“, etwas zum Angreifen anbieten z.B.: Fühlschnur, wo bestimmte Gegenstände befestigt sind oder eine Box zum Kramen (die befestigten oder beinhaltenen Gegenstände sollten mit den Interessen der Personen zusammenhängen) 

Rhythmus und Struktur geben Sicherheit. Überlegen Sie sich eine Tagesstruktur, die sich jeden Tag wiederholt. Suchen Sie drei Fixpunkte, die jeden Tag wiederkehren.

Bewegung ist wichtig, damit Menschen mit Demenz Energie abbauen können und müde werden. Auch frische Luft ist wichtig, nicht zuletzt für die Lunge.

Auch hier müssen Sie aufgrund der aktuellen Ausgangbeschränkungen abwägen. Ein Spaziergang mit einer Person, mit der man im gemeinsamen Haushalt lebt, ist jedenfalls erlaubt.

„Corona-Alltag“: Beschäftigungsideen und Tagesgestaltung 

Ideen und Beispiele für eine aktive Alltagsgestaltung auch während der Corona-Krise

  • Fotoalben: Erstellen Sie kleine Fotoalben mit kurzen Texte zu gemeinsamen Erinnerungen.
  • (Video-)botschaften: Bitten Sie Freunde oder Familienangehörige, die nicht im selben Haushalt leben, Tonaufnahmen, Videobotschaften oder auch Postkarten, Briefe oder kleine Pakete zu schicken.
  • Virtuelle Ausstellungen: Viele Museen bieten virtuelle Rundgänge an, die über Tablet/Notebook durchgeführt werden können z.B.: Kunsthistorisches oder Naturhistorisches Museum in Wien
  • Kramboxen: Füllen Sie einen Schuhkarton mit verschiedenen Gegenständen, die unterschiedliche Sinne ansprechen (z.B.: Duftsackerl, Federn, Steine, Zweige, Tücher…). Wenn Sie Materialien entsprechend der Jahreszeit einsetzen, gibt das zusätzlich Orientierung.

Ein individueller Tagesplan schafft Struktur und Orientierung trotz Quarantäne

Nutzen Sie folgende Hilfstellungen:

  • Wiederkehrende Aktivitäten sollten zu gleichbleibenden Zeitpunkten stattfinden (z.B. Freitag ist Badetag).
  • Regelmäßige Mahlzeiten strukturieren den Tag. Ein paar Anregungen:
    • Es gibt Orientierung, wenn der Beginn der Mahlzeit angekündigt wird ("Nach der Morgenpflege gibt es Frühstück"), oder wenn am Tisch gesagt wird, um welche Mahlzeit des Tages es sich handelt.
    • Gleichbleibende Rituale, wie ein Tischgebet, bieten Orientierung.
    • Nutzen Sie die positive Wirkung eines angenehmen Geruchs, beispielsweise das Kaffeekochen in der Früh, um den Appetit anzurgen.
    • Bieten Sie Ruhemöglichkeiten (insbesondere nach den Mahlzeiten) an; je nach Vorliebe mit Musik oder Radio.
  • Kontakt: Vereinbaren Sie fixe Zeiten, in denen Freunde oder andere Familienangehörige, per (Video)-Telefonie Kontakt aufnehmen.
  • Sorgen Sie für Phasen der An- und Entspannung, beispielsweise:
    • Je nach Interesse Malen, Zeichnen, Musizieren oder Musik hören
    • Entspannend können Handmassagen oder Fußbäder wirken

Weitere Tipps für das Zusammenleben und die Kommunikation mit Menschen mit Demenz.

Holen Sie sich Unterstützung! 

Für Ihren Angehörigen mit Demenz sind Sie während der häuslichen Isolation die wichtigste Bezugsperson und Stütze. Das müssen Sie nicht alleine stemmen! 

  • Wenn Ihnen alles zu viel wird, ist niemandem gedient – Ihrem Angehörigen mit Demenz nicht und Ihnen selber nicht.
  • Auch wenn wir alle soziale Kontakte geringhalten müssen: Vereinbaren Sie mit einem anderen Familienmitglied oder einer Bekannten eine Ablöse!
  • Suchen Sie sich jemanden, der/die ein offenes Ohr für Sie hat und mit dem/der Sie Ihre Sorgen teilen können!
  • Achten Sie auf sich selbst und Ihre Bedürfnisse!
  • Nehmen Sie Beratung in Anspruch!

Unterstützung und Beratung finden

Die Diakonie bietet Unterstützung und Beratung für Menschen, die von Demenz betroffen sind, und deren Angehörige. Das Angebot ist vielfältig.

Angebote der Diakonie im Überblick

Demenzberatung der Diakonie